Fairer Lohn
für alle!

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Argumentarium

Was spricht grundsätzlich für einen Mindestlohn?

  • Die Aktuellen Entwicklungen (Anstieg der ArmutsbetroffenenI, Anzahl der SozialhilfebeziehendenII, hoher Anteil an Beschäftigten in TieflohnbranchenIII, die Schere zwischen arm und reich geht immer weiter auseinanderIV) zeigen auf, dass eine sozialpolitische Veränderung unabdingbar ist.
  • Die Höhe des Mindestlohns orientiert sich an der Armutsgrenze und geht noch weiter, denn wenn die Armutsgrenze schon nur um 500 CHF erhöht würde, so würde sich die Anzahl der Armutsbetroffenen verdoppelnV. So ist es unzureichend sich ausschliesslich an der Armutsgrenze nach SKOS bzw. BFS zu orientieren, denn auch Menschen mit höherem Einkommen, die also nur Armutsgefährdet sind, kämpfen mit derselben Lebensrealität. So würden plötzlich auftretende Kosten in Höhe von 2500 CHF 18.5% der Schweizer Bevölkerung in den Ruin treiben
  • 24 CHF bei der durchschnittlichen Normalarbeitszeit aller Vollzeitbeschäftigten von 41.7VI Stunden pro Woche entspricht rund 4300 CHF pro Monat und gewährleistet so ein Leben in Würde und mit der Möglichkeit zur sozialen Teilhabe.
  • In mehreren Branchen haben sich in der Schweiz Mindestlöhne schon lange durchgesetzt – dank Gesamtarbeitsverträgen (GAV) etwa im Bau- oder im Gastgewerbe. Diese Mindestlöhne schützen die Beschäftigten zu einem Grossteil gegen Lohndruck. Die Mehrheit der Erwerbstätigen in der Schweiz steht jedoch ohne Schutz durch Gesamtarbeitsverträge da. Ihre Arbeitgeber verweigern sich der Sozialpartnerschaft. So haben mehr als 50 Prozent aller Beschäftigten in der Schweiz keine vorgeschriebenen Mindestlöhne, an die sich ihre Arbeitgeber halten müssen und sind somit einem enormen Druck ausgesetzt.
  • Ein Mindestlohn nach dem Vorschlag der Petition würde die Situation von Menschen ohne Gesamtarbeitsvertrag deutlich verbessern und sie zumindest teilweise vor dem Lohndruck des freien Marktes schützen. Ebenfalls würde ein solcher Mindestlohn nach dem Subsidiaritätsprinzip sicherstellen, dass alle bereits ausgehandelten Gesamtarbeitsverträge ein Existenzminimum garantieren, jedoch nicht weiter in diese eingreifen.
  • Ein Mindestlohn bietet auch eine Feministische Perspektive. Frauen1 sind öfter von Tieflöhnen betroffenVII und bleiben oft länger arbeitslosVIII als Männer. Ein kantonaler Mindestlohn ist ein gutes Mittel, um Lohndiskriminierung und Arbeitslosigkeit bei Frauen zu bekämpfen. «Im Allgemeinen sind Frauen viel länger arbeitslos als Männer. Das liegt daran, dass Frauen eher von Niedriglöhnen betroffen sind. Wenn man also einen Mindestlohn einführt, erhöht man den Anreiz, eine sich bietende Stelle anzunehmen.» Wirtschaftsprofessor der HEG Genf José Ramirez
  • Ein Mindestlohn hilft insbesondere die Situation der Working poor, also Menschen, die trotz Vollzeitarbeit in Armut oder nahe der Armutsgrenze leben, zu verbessern.

Wieso ein Mindestlohn für alle?

  • Alle Menschen, die arbeiten, verkaufen ihre Arbeitskraft, unabhängig der Leistung. So muss jegliche Arbeit, unabhängig der Produktivität, auch entsprechend bezahlt werden. Alle Menschen, die arbeiten, sollen auch von ihrer Arbeit leben können.
  • Die Branchenempfehlungen für Ausbildungslöhne erschrecken: Für diverse Berufe liegen diese im ersten Lehrjahr bei unter 500 CHF pro MonatIX. Trotz hochprozentigem Arbeitsaufwand neben der Berufsschulbildung bleiben Lernende folglich finanziell von Eltern oder Dritten abhängig, was wiederum die materielle Situation dieser stark beansprucht.
  • Für Menschen, die später im Leben mit einer Lehre beginnen wollen oder keine finanzielle Unterstützung von ihren Eltern erhalten können, drohen Verschuldung oder Ausbildungsabbruch. Stipendien sind alles andere als garantiert, da die Stipendienbeiträge in den vergangenen Jahren nicht angemessen erhöht wurden und die Betroffenen häufig lange warten müssen.X
  • Aktuell ist etwa ein Drittel der Lernenden mit ihrer Lehre unzufriedenXI. Ein Mindestlohn in der Lehre macht diese attraktiver, schätzt ganz grundsätzlich die geleistete Arbeit wert und wertet damit den Lehrberuf auf und trägt dazu bei, den Druck auf Lernende zu mildern, denn auch Lernende sollen ein Recht auf einen fairen Lohn haben.
  • Die Situation für Menschen in Praktika ist ähnlich, denn auch sie sind oft finanziell vom Praktikumslohn abhängig und auch sie haben das Recht für ihre Arbeit entsprechend entlohnt zu werden.
  • Ein Mindestlohn muss inklusiv sein. Es soll niemand zurückgelassen werden. So gilt für alle Menschen in Betreuten Werkstätten auch ein Anspruch auf einen fairen Lohn. Sowohl die Gesellschaft als auch die Wirtschaft müssen an den Bedürfnissen der Menschen orientiert sein und nicht am Profit, heisst Arbeit muss unabhängig ihrer Produktivität und Umständen als solche anerkannt und entlohnt werden.

Wieso Graubünden einen Mindestlohn braucht

  • Ein Mindestlohn ist für Graubünden insbesondere wichtig durch die verschiedenen Grenzregionen. Viele Arbeiter*innen und Pendler*innen aus dem Ausland arbeiten zu einem Hungerlohn.
  • Bündner Arbeitnehmer*innen in Grenzregionen werden vor Lohndumping geschützt und die Arbeitsplätze für die lokal Bevölkerung gesichert.
  • Tessin hat einen Mindestlohn, was für Menschen aus dem Misox bedeutet sie müssen, um einen gesicherten Lohn zu haben ins Tessin arbeiten gehen. Somit wandern Arbeitskräfte aus Graubünden ab.
  • Graubünden hat grundsätzlich ein nicht sonderlich hohes Lohnniveau, obwohl gerade Wohnraum in Graubünden immer teurer wird und in keinem Verhältnis zu den Löhnen steht.

Falsche Behauptungen der Gegner*innen

  • «Es gibt genügend Lohnschutzinstrumente» Die aktuellen Zahlen der Armutsbetroffenen und -gefährdeten Personen zeigen klar auf, dass die aktuellen Lohnschutzinstrumente nicht ausreichen.
  • «Aber die KMU’s» Die meisten Unternehmen zahlen bereits höhere Löhne als der Mindestlohn. Faire Löhne hätten somit zur Folge, dass ebendiese Unternehmen keinem Wettbewerbsnachteil ausgesetzt sind durch eine einheitliche Regelung.
  • «Ein Mindestlohn in der Lehre schwächt diese in Graubünden, da andere Kantone andere Regelungen haben.» Ein einheitlicher Mindestlohn garantiert, dass Lernende nicht ausgebeutet werden und stärkt dadurch die Lehre. In der Umsetzung muss ein Mindestlohn durch Massnahmen zur Unterstützung von Ausbildungsbetrieben flankiert werden.
  • «Die Einkommensungleichkeit hat im Vergleich zu früher nicht zugenommen und deshalb ist ein Mindestlohn nicht Notwendig» Die Einkommen sind in den letzten Zehn Jahren erheblich auseinandergedriftet XII sowie die VermögenXIII auch. Dies ist eine Umverteilung von unten nach oben, heisst durch die niedrigen Löhne werden Arbeitnehmende ausgebeutet und der erwirtschaftete Mehrwert kommt den Arbeitgeber*innen zugute. Somit führt ein Mindestlohn lediglich zu mehr sozialer Gerechtigkeit und einem faireren Lohn.
  • «Mindestlöhne gefährden Jobs und führen zu mehr Arbeitslosigkeit» Wie mehrere StudienXIV oder auch die Zahlen des SECO zeigen ist kein Zusammenhang zwischen einem Anstieg der Arbeitslosigkeit und einem Mindestlohn herzustellen.

Weitere Massnahmen

Ein Mindestlohn ist nur ein erster Schritt hin zu mehr sozialer Gerechtigkeit und muss daher mit weiteren Massnahmen einhergehen:

Beispielsweise müssen zur gezielten Bekämpfung von Familienarmut entsprechende kantonale Massnahmen zusätzlich zum Mindestlohn gefördert werden (z.B. Subventionierung von familienergänzenden Kinderbetreuungsplätzen, Erhöhung der Kinderzulagen, Steuerabzüge für Familien, Prämienverbilligung, Ergänzungsleistungen für Familien usw.). Ein Mindestlohn alleine führt nicht zu einer Aufwertung der unbezahlten Care-Arbeit.

Des Weiteren muss die Zugänglichkeit von staatlichen Unterstützungsgeldern vereinfacht werden, etwa durch ein Zusammenlegen der verschiedenen sozialen Institutionen.

Ein Mindestlohn, der für alle Arbeitenden gilt, schafft lediglich eine Grundlage für einen fairen Lohn und setzt nach oben hin keine Grenzen. Parallel müssen hohe Löhne gedeckelt und Kapitaleinkommen höher besteuert werden.

Es ist noch ein weiter Weg, doch ein Mindestlohn ist der erste Schritt in die richtige Richtung!

1 Aufgrund der statistischen Faktenlage werden hier nur die beiden binären Geschlechter erwähnt.

I https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/wirtschaftliche-soziale-situation- bevoelkerung/soziale-situation-wohlbefinden-und-armut/armut-deprivation/armut.html

IIhttps://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/soziale- sicherheit/sozialhilfe/sozialhilfebeziehende.assetdetail.30785010.html

III https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/wirtschaftliche-soziale-situation- bevoelkerung/gleichstellung-frau-mann/loehne/tiefloehne.assetdetail.31966777.html

IV https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/wirtschaftliche-soziale-situation- bevoelkerung/einkommen-verbrauch-vermoegen/vermoegen.assetdetail.33086075.html

V https://cms.caritas.ch/sites/default/files/2022- 11/positionspapier_haushalte_mit_wenig_geld_d_internet.pdf

VI https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/arbeit-erwerb/erwerbstaetigkeit- arbeitszeit/arbeitszeit/tatsaechliche-arbeitsstunden.html

VII https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/wirtschaftliche-soziale-situation- bevoelkerung/gleichstellung-frau-mann/loehne/tiefloehne.assetdetail.31966777.html

VIII https://www.workzeitung.ch/2024/09/genfer-mindestlohn-wirkt-und-schadet-nicht/

IXhttps://www.berufsberatung.ch/web_file/get?id=4270

Xhttps://www.srf.ch/news/schweiz/chancengleichheit-stipendien-wie-die-schweiz-den-sozialen-aufstieg- bremst

XI https://unia.ch/de/schwerpunkte/lernende

XIIhttps://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/wirtschaftliche-soziale-situation- bevoelkerung/soziale-situation-wohlbefinden-und-armut/ungleichheit-der- einkommensverteilung/einkommensverteilung.assetdetail.30526413.html

XIII https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/wirtschaftliche-soziale-situation- bevoelkerung/einkommen-verbrauch-vermoegen/vermoegen.assetdetail.33086075.html

XIV https://www.ge.ch/document/36913/telecharger